Ich habe für dich mal den Test gewagt und mir Tinder installiert. Ich musste doch schließlich wissen, was wirklich dran ist an dieser „Datingplattform“. Ein paar meiner Erfahrungen, Anekdoten und Tipps möchte ich nun mit dir teilen. Viel Spaß beim Lesen.
Was ist Tinder überhaupt?
Das ist schnell erklärt.
Oder?
Tinder ist eine Lifestyle-App. So ist sie zumindest im Google Play Store betitelt. Wenn man es nett ausdrücken möchte, könnte man noch sagen, es sei eine Dating-App. Aber seien wir mal ehrlich, eigentlich geht es um Sex.
Man schaut sich Bilder an und wischt nach links oder rechts. Je nachdem, ob einem das Profil (also eigentlich das Bild) zusagt oder nicht. Also man wischt als Frau zumindest sehr viel nach links. Sehr, sehr viel.
Solltest du dann doch mal jemanden gefunden haben, der dir zusagt, und nach rechts wischen, bleibt abzuwarten, ob dein Profil dem anderen auch gefallen hat. Habt ihr euch gegenseitig gefallen, ist es ein Match. Erst dann könnt ihr anfangen, zu chatten.
First Tinder Steps
Ich habe mir also an einem Samstagabend Tinder installiert. Angemeldet als Sally, 32 aus München, habe ich mich über die Telefonnummer. Man kann sich auch direkt mit Facebook anmelden, aber ob ich das will…?
Als Haupt-Profilbild habe ich ein etwas Aussagekräftigeres genommen: Das Foto von meinem BDSM-Artikel. Natürlich war mir auch bewusst, dass ich damit ein wenig polarisiere. Aber eigentlich tut man das gefühlt mit jedem Foto.
Was suche ich? Naja, ich habe eigentlich nach lustigen und interessanten Gesprächen gesucht und vielleicht auch den einen oder anderen Erfahrungsbericht. Und ich wollte herausfinden, ob es wirklich so Sex-lastig ist, wie man immer sagt. Kurzerhand habe ich mal Frauen und Männer angekreuzt und eine Altersspanne, die für mich realistisch wäre, wenn ich suche.
Schon in den ersten Chats wurde ich direkt nach nem Foto mit meinem Gesicht drauf gefragt. Also habe ich schließlich doch noch eines (als zweites Bild) hochgeladen. Wenn das erste nicht passt, schaut man sich schließlich auch das zweite gar nicht erst an.
It’s a Match
Ich habe nun also getindert. Zuerst habe ich mir tatsächlich noch Fotos angeschaut, Beschreibungen durchgelesen und sorgsam ausgewählt, wem ich ein Like gebe und wem nicht. Aber glaub mir, das ändert sich schnell. Sehr schnell. Ich war selbst fasziniert, wie schnell man abstumpft. Nach kurzer Zeit schaut man nur noch auf das Foto und entscheidet innerhalb weniger Sekunden, ob man nach links wischt oder nicht.
Wenn jemand interessant genug ist, um näher betrachtet zu werden, guckt man sich das Bild noch etwas genauer an. Liest das Profil. Schaut sich die weiteren Fotos an. Und meistens wischt man dann doch nach links. So ging es zumindest mir, vielleicht bin ich einfach nur zu wählerisch.
Das eine oder andere Match hatte ich dann doch. 70 Stück etwa in der Woche. Ich würde auch sagen, 80-90% der Leute, bei denen ich nach rechts gewischt habe, haben mich ebenso gematcht. Aber als Frau ist das wohl auch gar nicht so schwer.
Der Tinder-Chat-Einheitsbrei
Die Chats haben mich persönlich nach kürzester Zeit hauptsächlich gelangweilt, muss ich gestehen. Es gab ein paar wenige Ausnahmen. Und in der Regel waren die Chats mit den Frauen spannender als mit den Männern.
Und das, was die nette Dame da beschreibt, habe ich auch innerhalb kürzester Zeit erlebt.
Und selbst die Chats, die ich fortgeführt habe, sind bis auf wenige Ausnahmen ziemlich belanglos gewesen und haben mich nach kurzer Zeit nicht mehr wirklich interessiert. Sobald ich 2-3 Chats nebeneinander her geführt habe, konnte ich die Männer auch schon nicht mehr wirklich auseinander halten. Welcher war es nun, der meinen Musikgeschmack so gut fand, und welcher zog nächstes Jahr ins Ausland?
Das größte Problem ist: Eigentlich war es mir auch vollkommen egal.
Mag sein, dass es zum Teil daran liegt, dass ich nicht wirklich gesucht habe, aber das glaube ich nichtmal. Nur ein einziger Mann hat es wirklich geschafft, herauszustechen. Aber zu Peter könnt ihr unten mehr lesen.
Eine Handvoll Leute hat es tatsächlich geschafft, meine Handynummer zu bekommen. Mit einer lieben Dame habe ich mich sogar direkt getroffen und vermutlich werden wir auch wieder was zusammen unternehmen.
Die Tinder-Profile
Es gibt so ein paar Profile, bzw. Fotos, die man immer mal wieder sieht:
- Guck, wie sportlich ich bin! – Bergsteigen, Klettern, Surfen, Skifahren, Mountainbiken… All das muss man(n) offenbar direkt zur Schau stellen.
- Guck, ich hab Geld! – Bilder auf einer Yacht oder an Traumstränden der Erde. Ganz subtiler Hinweis auf die Amex Platinum. Ganz subtil…
- Guck, ich bin ein Hipster! – Mehr Haare im Gesicht als auf dem Kopf, dazu vielleicht noch ne Mütze und ne Sonnenbrille….
- Guck, ich bin tierlieb! – Ja, für viele Profilfotos müssen die Haustiere herhalten. Manchmal wird ein Tier auch durch ein kleines Kind ersetzt, es muss aber dann natürlich immer im Text erwähnt werden, dass es nur der Neffe ist, nicht das eigene!
- Guck, isch sexy Alter! – Ähm ja, wenn man schon keine Fotos von den Genitalien machen darf, muss halt das Sixpack dran glauben *gähn*
- Guck, ich habe nur verwackelte Fotos! – Leute, offenbar müsst ihr ja ein Smartphone haben, wenn ihr Tinder nutzt. Dann kann man ja auch ein vernünftiges Foto machen!
- Guck, ich habe meine Partnerin extra rausgeschnitten! – Oft sieht man dann noch die obligatorische Hand auf der Schulter, wenn es eigentlich ein Kopf-an-Kopf-Foto war, man nur die (hoffentlich verflossene) Frau herausgeschnitten hat.
Wahlweise auch kombinierbar.
Dann gibt es die Frauenprofile, die für mich sichtbar waren. Die waren in der Regel schon besser: Ordentliche Fotos (von Frauen für Frauen sieht man die Tussi-Fotos eher weniger, mag für die Männer wieder anders sein) und oft auch ein bisschen Profilbeschreibung.
Und dann gibt es auch noch Paar-Profile. Einige Paare suchen nach einem weiteren Pärchen für Spaß oder nach einer Gespielin für einen Dreier. Und dann gibt es auch die etwas ausgefalleneren Gesuche…
Ach ja, und gefühlt 3 von 4 geben nicht ihren richtigen Namen im Profil an.
Good Intentions?
Ja, was wollen die Leute bei Tinder?
Sex.
Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber der Großteil der Menschen dort ist auf Sex aus. Einige meiner Chat Partner haben auch direkt das Match wieder aufgelöst, nachdem ich meinte „Ich bin verheiratet und wir führen keine offene Ehe“. Manche waren wenigstens noch so höflich und sagten, dass sie ja etwas anderes suchen, aber mir noch viel Spaß wünschen.
Wer ist eigentlich dieser ONS und wieso mag ihn niemand?
Es ist relativ eindeutig, was die Menschen dort suchen. Besonders Frauen schreiben gern hinein, dass sie keinen ONS suchen, also nicht nur für eine Nacht das Bett gewärmt haben möchten. Doch ist nicht eigentlich schon klar, was die nähere Absicht hinter dem Tinder-Auftritt ist, wenn ich das schon spezifizieren muss?
Ich denke, bzw. ich habe auch festgestellt, dass es tatsächlich auch einige nette Menschen dort gibt, so ist es nicht. Und ganz ehrlich, wenn man sich bei Tinder anmeldet, weiß man ja eigentlich, worauf man sich einlässt. Und – zumindest als Frau – ich muss sagen, wer gern etwas in dieser Richtung haben möchte und bei Tinder nicht fündig wird, der macht irgendwie etwas falsch.
Mein Fazit
Tinder ist anstrengend. Tinder stumpft ab. Tinder ist unterhaltsam.
Mal abgesehen davon, dass die App reichlich Akku frisst und die Funktion des Chats besser sein könnte, tut die App, was sie soll: Sie verbindet Menschen miteinander, die sich optisch ansprechend finden. Erst, wenn sich beide gegenseitig interessant finden, entsteht ein Match und auch erst dann kann man miteinander chatten. Natürlich ist das mein Erlebnisbericht. Ich kenne aber auch durchaus Pärchen, die sich über Tinder kennen und lieben gelernt haben. Wenn du also offen bist, neue Leute kennen zu lernen, teste Tinder ruhig mal aus.
Gelöscht habe ich es nichtmal unbedingt, weil es mich so gelangweilt hat – sondern, weil wohl irgendjemand mein Profil gemeldet hat und ich folgende nette Mail bekommen habe:
Your Tinder profile has violated our term of service. Your account has been deleted.
Danke, Tinder, damit hast du mir die Arbeit abgenommen. Aber es gibt ja auch noch – sicherlich nicht minder unterhaltsame – Alternativen.
Und ich sagte ja, einer hat mit seinem Chat wirklich herausgestochen, darum möchte ich dir Peter natürlich nicht vorenthalten. Viel Spaß beim Lesen.
Deine Sally
